Über einen Aussichtsbalkon auf Deutschlands Höchsten (02.07.-04.07.2022)
Über einen Aussichtsbalkon auf Deutschlands Höchsten
Bericht: Gisela Steiert – Fotos: Teilnehmer
Juhu - das ersehnte Telefonat erreicht mich am Donnerstag gegen 12 Uhr! Gisela Metzler, eine Namensvetterin und die Tourenleiterin der Zugspitztour vom 2. bis 4. Juli, bestätigt mir, dass der bereits in Aussicht gestellte Platz wirklich frei geworden ist. So darf ich nachrücken und meinen Rucksack packen. Die Vorfreude ist groß und die Aufregung auch.
Tag 1 - Auf einen 1a-Aussichtsbalkon
Am Samstagmorgen fahren wir in privaten Fahrgemeinschaften und bei Gipfelwetter nach Ehrwald. Gegen 12 Uhr treffen wir elf Teilnehmer/innen und Gisela uns auf dem Parkplatz der Ehrwalder Alm-Bahn. Nach dem Füttern des Parkautomaten und einer kurzen Vorstellungsrunde im Stehen legen wir auf der Terrasse der Brent Alm erst mal eine Kaffeepause ein. Dann geht‘s los zur Coburger Hütte (1917m) gegenüber dem Wetterstein in der Mieminger Kette. Das Wetter ist prächtig und der Aufstieg – zunächst im Wald und dann über den teils ausgesetzten und zumeist gut versicherten ‚Hohen Gang‘ - abwechslungsreich und schweißtreibend. Nach einem erfrischenden Bad im Seebensee unterhalb der Hütte und ca. 820 Höhenmetern erreichen wir als harmonische Gruppe gegen 17 Uhr unser Tagesziel. Das erste Getränk ist ganz besonders erfrischend und die Aussicht auf das Zugspitz-Massiv von diesem Logenplatz, die uns schon in der Tourenausschreibung versprochen wurde, ist gigantisch und bleibt uns den ganzen Abend und in unterschiedlichen Nuancen erhalten. Unterbrochen wird dieser Genuss nur durch ein leckeres 3-Gang-Menü und gute Gespräche. Vor der üblichen Hüttenruhe um 22 Uhr diskutieren wir auch über die möglichen Touren-Varianten am nächsten Tag.
Tag 2 – Über die Grenze
Am Sonntag fallen nach dem guten Frühstück die Würfel: Zwei nehmen die kürzere Route zurück über den Seebensee und wir Anderen steigen zunächst auf zum Hinteren Tajatörl (2255m). Dieser Pass gibt zum ersten Mal den Blick frei zu unserem höchsten Tourenziel, der Zugspitze im Norden, und in der Geröllhalde vor uns entdecken wir eine einsame Gams.
Nach einer kurzen Pause geht’s teils steil hinunter zur Pestkappelle und von dort wieder hinauf – erst mal nur bis zur Hochfeldernalm, wo wir uns alle gegen 13 Uhr wieder treffen. Nach einer leckeren Stärkung geht’s gemeinsam weiter in Richtung Gatterl (2024m), dem felsigen Grenzübergang zwischen Österreich und Deutschland. Das Wetter bleibt wunderschön und hochsommerlich, und so gestaltet sich auch der heutige Aufstieg wieder sehr schweißtreibend.
Vom Feldernjöchl aus sehen wir weit unter uns in einem Restschneefeld eine große Zahl an Gämsen, die es sich auf dem kühlen Schnee gemütlich gemacht haben und keinerlei Notiz von uns nehmen.
Nach einem kurzen Zwischenabstieg wird auch die heutige stahlseilgesicherte Passage hoch zum Gatterl von allen bestens gemeistert, und nach der Durchsteigung einer steilen Felsrinne, bei der auch wieder die Hände zum Einsatz kommen, erreichen wir gegen 16 Uhr die Grenze. Von dem engen Durchschlupf aus zeigt sich uns erneut Deutschlands Höchster und die morgige Etappe, und bei genauerem Hinschauen ist auch unser heutiges Tagesziel, die Knorrhütte (2051m), im steinigen Gelände schon zu sehen. Das motiviert uns für das letzte Stück der langen Tagesetappe.
Gegen 17 Uhr erreichen wir unser heutiges Quartier und lassen uns auf der Terrasse wieder das erste Bier oder Radler schmecken. Bevor wir fürs Abendessen in die warme Gaststube wechseln, präsentiert uns Gisela eine Überraschung. Sie stellt uns eine Nacht unter freiem Himmel in Aussicht, weil sie sich bei der Buchung um einen Tag vertan hat. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus und reichen von verhalten bis begeistert. Während wir wieder ein leckeres Menü genießen, überlegen wir, ob und wie wir später auf den Bänken des Gastraums schlafen. Aber dank der Flexibilität des netten Hüttenwirts und den besonnenen Verhandlungen von Gisela bekommen wir schließlich doch alle einen Schlafplatz in den Lagern zugewiesen. Wie gut! Und dank der kreativen Ideen von Torsten erleben alle einen sehr lustigen Abend. Auf seinen Vorschlag hin erzählt in der ersten Runde jeder mindestens eine Geschichte, die nach anfänglichen Schwierigkeiten dann doch gut ausgegangen ist, und es gibt jede Menge zu lachen. In der zweiten Runde geben wir dann auch noch unsere ausgefallensten Übernachtungserfahrungen zum Besten. Außerdem beschäftigt uns die Wetterprognose für den Montag. Nachdem wir bisher jede Menge Sonnenschein und blauen Himmel genießen konnten, soll das Wetter jetzt leider wechselhaft werden und es ist mit Gewittern zu rechnen, was sich mit unserem geplanten Gipfelsturm und der Durchsteigung der stahlseilversicherten Zugspitz-Gipfelflanke gar nicht verträgt.
Schon in der Nacht gibt es ein erstes Gewitter und heftigen Regen, und am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt.
Tag 3 – Auf Deutschlands Höchsten
Nach dem Frühstück starten wir wie geplant und zunächst noch trockenen Fußes in Richtung Zugspitzplatt (ca. 2600m). Je höher wir kommen, desto weiter sehen wir. Unter der hohen Wolkendecke zeigen sich im Süden die Stubaier und Ötztaler Alpen. Weil es stark abgekühlt hat, holen die Ersten die Handschuhe raus. Schließlich fängt es an zu tröpfeln, und als wir nach zwei Stunden Sonnalpin erreichen, regnet es und es ist sehr windig. So ist jetzt auch für die ambitioniertesten Gipfelstürmer unter uns klar, dass wir für den letzten Teil unserer heutigen Etappe hinauf zum Gipfel die Gletscherbahn zu nehmen. Schade, aber sehr vernünftig! Der Zugspitzgipfel empfängt uns mit Nässe und ungemütlichen 8 Grad und wir sind froh über unsere warmen Jacken und Mützen. Nach dem obligatorischen Fototermin und einem kurzen Museumsbesuch schweben wir – jetzt wieder wie geplant - mit der Tiroler Zugspitzbahn hinunter und bestaunen von der Gondel aus den imposanten Berg und die Klettersteig-Geher, die sich trotz der Wetterverhältnisse von der Wiener Neustädter Hütte aus auf den Weg zum Gipfel gemacht haben.
Während wir Mitfahrer es uns – mangels uriger Hütte - im 5-Sterne-Hotel gegenüber der Talstation bei Kaffee und Kuchen gut gehen lassen, nehmen unsere tollen Fahrer ein Taxi, um die Autos zu holen. Frisch gestärkt heißt es - wie bei jeder Tour und nach den wunderschönen Erlebnissen - Abschied nehmen von den sympathischen Bergliebhaber/innen, und wir freuen uns schon auf‘s nächste Mal! Für mich waren es drei wunderschöne Tage mit einer harmonischen Wandergruppe und einer prima Tourenleiterin. Danke an alle!