Unterwegs im Tourenparadies St. Antönien (03.02.-07.02.2023)
Schneeschuhtouren im Tourenparadies St. Antönien
Eigentlich ist für Anfang Februar eine Tour in die westliche Silvretta geplant und ausgeschrieben, doch wegen der Absage von Seiten der Hütte im Sommer wird sie nach St. Antönien im Prättigau verlegt.
Im Vorfeld der Tourentage wird sehr viel Neuschnee angekündigt. Entsprechend groß ist die Unsicherheit hinsichtlich Wetter sowie Schnee- und Lawinenlage.
Tag 1 – Die Anreise ins Prättigau vorbei am östlichen Bodensee erfolgt in zwei Fahrgemeinschaften. Wir treffen uns am Bahnhof Furna im Landquart-Tal, um von hier erst mal eine erste kleine Schnuppertour in den südseitigen und moderat geneigten Heubergen Richtung Wannenspitz zu unternehmen.
Im Hinblick auf den vielen Neuschnee in den letzten Tagen fragen wir uns, ob wir auf dem schmalen und teils steilen schneebedeckten Bergsträßchen mit engen Kurven die Schneeketten brauchen? Den heutigen Wanderparkplatz bei Hinterberg erreichen wir noch ohne.
Als alle gerüstet sind, starten wir gemütlich - zunächst in einem lichten Wald und bald bei freier Sicht übers Tal nach Norden mit St. Antönien und den markanten Felswänden des Rätikon. Leider ziehen jetzt Wolken auf. Bei einem Kreuz mit Blick auf den Wannenspitz und seinen Nachbargipfel beschließen wir umzukehren. Es zeigt sich, dass das Tempo innerhalb der Gruppe sehr unterschiedlich ist, heute vor allem im Abstieg. Inzwischen ist der Schnee auf dem Sträßchen zurück ins Tal weitgehend abgetaut. Das Navi führt uns bei der Weiterfahrt nach St. Antönien zunächst über eine ähnlich enge Panoramastraße bis Pany wo der Schnee bereits ausgeht. Im St. Antönier Ortsteil Mittel Ascharina beziehen wir unser Quartier und nach dem Abendessen erfolgt die Lagebesprechung zur Tour am nächsten Tag. Im Hinblick auf die angespannte Lawinenlage - in Tirol herrscht Lawinenstufe 4 und wir haben einen strengen 3er – entscheiden wir uns für die Tour auf den Spitzenbüel, weil dort die Hänge größtenteils unter 30° steil sind.
Tag 2 – Bei schönem Wetter fahren wir mit den Autos zum kostenpflichtigen Parkplatz Rüthi. Ab hier gehen wir länger das hübsche und teils schluchtartige Gafia Tal entlang durch dick verschneiten Winterwald. Ab dem Parkplatz P12, wo - wie auch schon am 1. Tag - ein Klohäuschen steht, steigen wir in schön geneigtem freien Gelände abwechselnd in großen Serpentinen über einen Fahrweg und mehr oder weniger mühsam durch den Tiefschnee. Im Rücken gen Süden beobachten wir während der Sammel- und Verschnaufpausen Skibergsteiger im Aufstieg zum Eggberg. Rechts über uns thront der klotzige und unbezwingbar wirkende Schollberg.
Um uns herum zeigen sich auf der Schneeoberfläche reichlich Spuren vom starken Windeinfluss während der letzten Tage: Ausgeprägte Ganglien und Dünen. Passend dazu sehen wir unterhalb einer Geländekante vor uns bald drei frisch abgegangene Schneebretter. Wir erreichen eine Almhütte und teilen uns auf. Die einen machen hier Pause und nehmen ein Sonnenbad, während wir uns zu zweit im teils Tiefschnee noch ein Stück weiter vorankämpfen. Wegen teils hüfthohem Einsinken verzichten wir allerdings auf den ohnehin unscheinbaren Gipfel und kehren um. Gemeinsam mit den anderen machen wir uns an den mühsamen Abstieg im tiefen Schnee. Aufgrund der blasser werdenden Sonne bildet sich bereits eine leichte Harschkruste.
Tag 3 – Die Lawinenlage bleibt angespannt. Deshalb bleiben wir bei der Tourenwahl weiterhin zurückhaltend und wandern heute - wieder ab dem Parkplatz Rüthi - über die schneebedeckte Fahrstraße bis Partnun. Dabei haben wir die 1000 m über dem Weiler thronende mächtige Sulzfluh sowie Wissplatte und Schijenflue im Blick. An einer Infotafel zur Lawinenverschüttetensuche präsentiert Verena eine kleine Theorieeinheit zu diesem Thema. Dann gehen wir weiter zum Berghaus Alpenrösli und von dort über bis zu 30° geneigte Hänge noch ein Stück Richtung Schafberg. Nach der Umkehr und dem Abstieg bis Partnun kehren wir im Alpenrösli ein. Auf dem Weg zurück nach zu den Autos beginnt es leicht zu schneien.
Tag 4 – Heute soll es trotz des sehr unterschiedlichen Leistungsniveaus in der Gruppe auch im Aufstieg und trotz Lawinenstufe 3 endlich auf einen Gipfel gehen. Unser Ziel ist das Chrüz, von dem man bei schönem Wetter eine großartige Sicht auf die Berge hat, die St. Antönien einrahmen. Dafür fahren wir zunächst mit den Autos erneut eng und teils steil parallel zum Skihang von St. Antönien bis zum Parkplatz P 21, denn von dort oben trennen uns nur noch 600 Höhenmeter von unserem Gipfelziel. Heute brauchen wir dort beim Einparken bzw. an einer steileren Passage kurz vor dem Parkplatz die Schneeketten. Super, dass bei der Montage alle Teilnehmer mit anpacken. Schließlich geht es - zunächst sonnig und gemütlich - durch den wunderschönen Winterwald. Im freien Gelände zieht es später leider zu. Als die Sicht wieder besser wird, wagen wir uns durch eine kurze steilere Flanke auf einen Rücken und dann weiter auf das Kleine Chrüz. Es folgt ein kurzer Abstieg zu einem breiten Sattel und von dort der mäßig steile Gipfelanstieg. Schließlich erreichen wir das Gipfelkreuz des Chrüz. Für die in Aussicht gestellte Aussicht braucht es viel Phantasie, denn wir stehen leider im Nebel. Erst später, während dem Abstieg im herrlichen Pulver, reißt es wieder auf und die schroffen Felsberge des Rätikon rund um St. Antönien zeigen sich mehr und mehr.
Aufgrund dieser schönen Eindrücke diskutieren wir nach dem Abendessen die letzte Tour vor der Heimreise noch mal.
Tag 5 – Zum Abschied erfreut uns noch mal strahlender Sonnenschein. Deshalb verwerfen wir den Beschluss, mit dem teuren Shuttletaxi in die Heuberge zu fahren und vom Skigebiet aus auf den Plattwang zu steigen. Stattdessen wollen wir von St. Antönien aus entweder noch mal auf den unscheinbaren Spitzenbüel im Schatten des mächtigen Schollberg oder – wegen der Chance auf viel mehr Aussicht - auf den ‚Hausberg‘, den Eggberg, aufgrund der Lawinenlage allerdings von Norden.
Laut Wirt ist es möglich, mit dem Auto zum Parkplatz im hinteren Gafiatal zu fahren. Von dort sind es auf den Eggberg nur noch 600 Höhenmeter. Somit ist auch dieser Gipfel für unsere gemischte Gruppe machbar.
Unterwegs müssen wir wieder die Schneeketten aufziehen. Als wir uns auf dem Parkplatz beraten, liegt der nordseitige Aufstieg zum Eggberg in der Sonne und nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns – zur großen Freude von Adam - für den höheren nordseitigen Gipfel und damit für den aussichtsreicheren Aufstieg und die Chance auf noch mehr Pulver im Abstieg. Wir nehmen die Route, die im großen Bogen und relativ flach durch das schön geneigte und kuppige Gelände führt. An der Kante zum Eggberg-Sattel ist ein kniffliger Absatz zu meistern. Schon im Aufstieg begeistert die Aussicht auf die Berge des Rätikon bis zur Madrisa im Osten. Vom Sattel gibt es jetzt eine herrliche Aussicht auch nach Osten Richtung Davon und nach Süden auf die Heuberge. Weiter im Nordwesten zeigt sich auch die Schesaplana, der höchste Berg des Rätikon. Was für eine großartige Krönung unserer Tourentage! Nach dem obligatorischen Gipfelfoto und einer Pause erfolgt der Abstieg, zumeist im lockeren Pulver und zuletzt wieder auf dem Fahrweg. Zurück in unserem Quartier gönnen wir uns dann erst mal noch Kaffee und Kuchen und beladen dann die Autos mit dem deponierten Gepäck. Dank der staufreien Heimfahrt sind wir schon am frühen Abend zurück.
Dankbar blicken wir zurück auf die gemeinsamen Tourentage in netter Gesellschaft, in einem einfachen Quartier mit Hütten-ähnlichem Komfort und dennoch Schweiz-typisch hochpreisig, mit leckerem Abendessen und gutem Frühstück sowie zur Belohnung nach den Touren immer mit einem verlockenden Kuchenangebot. Beim Abschied sind sich alle einig, dass wir das Beste aus der kniffligen Lage gemacht haben.